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Mitreißend und von hohem Unterhaltungswert

Martin C. Herberg live im Cafe Kram, Köln

[01.04.03] - Seit bald 30 Jahren ist er live unterwegs - doch in Köln hat er noch nie gespielt: Martin C. Herberg, der Wuppertaler Nylonstringer der etwas anderen Art. "Hat wohl mit Prophet im eigenen Land und nah' der Heimat und so zu tun" lautete dann auch die Begrüßung in der engen und reichlich finsteren Deutzer Alternativkneipe.

Ansehnlich, was Herberg an Equipment aufgefahren hatte: Allein vier Nylonstringgitarren neben der altgedienten Kohno Mod. 20, dazu eine Flamencogitarre, eine neuere Midigitarre mit Midipickup zur Ansteuerung des Synthesizers und eine vierte, welche ebenfalls kombiniert mit Effekten zum Einsatz kam. Überhaupt: Der Effekttrack mit integriertem Synthesizer und die Bodenpedale sind bei Herberg unverzichtbarer Bestandteil seiner Musik - live wie auf CD - und unabdingbar für seine Klangmalereien und psychedelischen Exkursionen.

Gleichwohl gibt es immer noch genügend "Gitarre pur" in seinen Programmen, so dass auch die Anhänger des reinen Gitarrenspiels auf ihre Kosten kommen. So ging es gleich feurig los mit dem "Säbeltanz", wie bei allen "reinen" Gitarrenstücken auf der Flamencogitarre im Standardtuning gespielt. Gleichwohl gab es hier schon die erste Kuriosität: das Slidespiel auf der Nylonstring mit dem Mikrophonständer (!).

Beeindruckend Herbergs rhythmisches Feuer, was er überdies durch gekonnte Perkussion - Soli auf dem Gitarren-Korpus unterstreicht. Daneben erkennt man aufgrund seiner flexiblen rechten Hand das klassische Training sowie die früheren Flamencostudien. Zwar gibt es auch die Dreifingerpatterns, wie sie nun mal zum Standardrepertoire der Fingerpicker gehören, aber gleichberechtigt daneben finden sich äußerst dichte Arpeggien in klassischer Manier, ebenso wie Tremolos und Rasguedos, dargeboten mit verblüffender rhythmischer Präzision und Sauberkeit. Wiewohl Herberg kein "klassischer" Gitarrist ist. Dass er der deutschen Fingerpickerszene entstammt, wird einerseits schon an den bluesgetränkten Titeln deutlich, aber auch wegen des häufigen Einsatzes von "open tunings"; Picadoläufe findet man eher selten: bei Singlenotes dominiert die linke Hand mit jenen spektakulären Hammer-ons und Pull-offs, die durchaus geeignet sind, die Gitarristen in den vorderen Reihen des Publikums zu beeindrucken. Dies ist allerdings wohl das Letzte, was Herberg beabsichtigt. Nein, Geschichten sind es, die er erzählt und die monumental dargeboten werden.

Interessant tönen die langen Stücke, die vom kreativen Einsatz der Effekte leben. So beim Titel "Roadmovie" oder bei der Klangmalerei "Wasser". Hier entstand aus der sprudelnden Quelle zu Beginn tatsächlich der Strom, der sich ins Meer ergoss. Viel Delay, die Stimme imitierte das Schreien der Seevögel, eine Lotosflöte kam noch zum Einsatz.

Was bei einem Konzert von Martin C. Herberg nicht fehlen darf, sind die Titel "Lady Madonna" und "Paint it black" ("...spiele ich seit 37 Jahren..."). Bei Ersterem beeindruckt die bei hohem Tempo sklavisch durchgehaltene Walking-Bass-Line, die aus dem Beatles-Rocker einen veritablen Swingtitel macht. "Paint it black" kam mit einer punkigen Einleitung, inklusive knallhartem Plektrumstrumming, um dann im Mittelteil von Herberg "hispanisiert" zu werden (mit pieksauberen Tremoli, Arpeggios und wilden Rasguedos), bis es in ein weiteres "Schlagzeugsolo" auf der Gitarre mündete, um schließlich als Nylonstringpunk zu enden.

Man fasst es nicht! Auch wenn eine Bezeichnung wie "der Hendrix auf der spanischen Gitarre" auf Krücken daherkommt: Martin C. Herberg ist ein absolut einzigartiger Musiker, der einen völlig eigenen Stil besitzt. Innovativ, aber dabei auch viel zu persönlich, um Schule zu machen. Aber gerade live ist er mitreißend und von hohem Unterhaltungswert.

Harald Wittig in Akustikgitarre 4/03

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Tourdaten

Derzeit sind keine Auftritte geplant

Lonesome Loser Records • Scheibenstraße 9 • 42115 Wuppertal